Die Preise von Benzin und Diesel an den deutschen Zapfsäulen haben sich nach den Höchstständen 2022 in den vergangenen Monaten etwas entspannt. Allerdings liegt das Preisniveau an den Tankstellen meist immer noch höher als vor der russischen Invasion in der Ukraine.
Was sind die Ursachen für die hohen Benzinpreise in Deutschland? Und wie kannst Du erkennen, ob und ? Das klären wir in diesem Artikel.
So setzt sich der Benzinpreis zusammen
Um zu verstehen, was die Benzinpreise auf- und absteigen lässt, lohnt sich ein Blick darauf, wie sich der Preis zusammensetzt: Ungefähr die Hälfte des Spritpreises machen Steuern aus, ein weiterer Teil wird durch den Rohölpreis bestimmt. Hinzu kommen Kosten und Gewinn der Mineralölkonzerne.
In Europa gehört Deutschland zu den Ländern mit den höchsten Benzinpreisen. Nur in einigen skandinavischen Ländern sowie in Griechenland und den Niederlanden sind Kraftstoffe noch teurer. Die Grafik unten zeigt beispielhaft die Preise im April 2022 (vor Einführung des Tankrabatts in Deutschland).
Gehen wir die einzelnen Bestandteile des Benzinpreises in Deutschland durch und prüfen, was für die aktuell hohen Benzinpreise verantwortlich ist.
1. Energiesteuer: Niemals erhöht, einmal stark gesenkt
Die Energiesteuer beträgt gut 65 Cent je Liter Benzin bzw. 47 Cent je Liter Diesel. Die Energiesteuer löste 2006 die Mineralölsteuer ab. Energie- bzw. Mineralölsteuer wurden noch niemals erhöht – seit 2003.
Im Gegenteil: Für Juni bis August 2022 senkte die Bundesregierung die Energiesteuer vorübergehend auf das europarechtliche Mindestmaß. Mit dem sogenannten Tankrabatt sollen Autofahrer von den hohen Spritpreisen entlastet werden.
Da die Energiesteuer auf den Liter berechnet wird und nicht auf den Benzinpreis, nimmt der Staat nicht mehr Energiesteuer ein, wenn die Spritpreise steigen. Je höher der Benzinpreis ist, desto weniger macht die Energiesteuer prozentual vom Benzinpreis aus.
Fazit: Die hohen Benzinpreise haben nichts mit der Energiesteuer zu tun. Im Gegenteil: Durch die im Jahr 2022 vorübergehend gesenkte Energiesteuer sanken die Spritpreise zeitweise.
2. CO₂-Preis: Neu seit 2021
Um den Klimawandel zu bekämpfen, hat noch die voherige CDU-SPD-Regierung im September 2019 den CO₂-Preis beschlossen. Dabei handelt es sich praktisch um eine weitere Steuer. Die Abgabe fällt auf Produkte an, die Kohlenstoffdioxid freisetzen, also zum Beispiel Benzin und Diesel.
2021 betrug der CO₂-Preis 25 Euro pro Tonne Kohlenstoffdioxid, 2022 stieg die Abgabe auf 30 Euro pro Tonne CO₂. Um die Bürger von weiteren Kosten zu entlasten, setzte die Bundesregierung die geplante Erhöhung des CO₂-Preises im Jahr 2023 aus. Alle Erhöhungsschritte verschieben sich also um ein Jahr nach hinten.
Bis 2026 soll es auf 50 Euro je Tonne raufgehen. Eine Übergangsfrist mit Preisen von 55 bis 65 Euro gilt 2027 und 2028. Danach soll sich der Preis frei am Markt bilden über die Versteigerung von Emissionszertifikaten.
Die Einführung des CO₂-Preises im Jahr 2021 hat Benzin rund 7 Cent und Diesel knapp 8 Cent je Liter verteuert – brutto an der Tankstelle, also inklusive Mehrwertsteuer. Die Erhöhung der CO₂-Steuer über den Jahreswechsel 2021/2022 hat die Kraftstoffe um weitere rund 1,5 Cent pro Liter teurer gemacht. 2023 gab es wie gesagt keine Erhöhung.
Die CO₂-Steuer berechnet sich praktisch pro Liter Kraftstoff. Denn jeder Liter hat eine bestimmte Menge Kohlenstoffdioxid gebunden, die bei der Verbrennung freigesetzt wird. Bei einem Benzinpreis von beispielsweise 2 Euro macht die CO2-Abgabe gut 4% vom Gesamtpreis aus.
Fazit: Der CO₂-Preis macht den Sprit definitiv etwas teurer, aber der ganz große Preistreiber ist er (noch) nicht.
3. Mehrwertsteuer: Der Staat verdient mit an hohen Spritpreisen
Wie auf fast alle Produkte für Endverbraucher fällt auch auf Kraftstoffe Mehrwertsteuer an. Die Mehrwertsteuer, die juristisch meist Umsatzsteuer genannt wird, beträgt bekanntermaßen 19 Prozent (regulärer Satz) und wurde im Laufe der Jahre einige Male erhöht – das letzte Mal 2007 (von 16 auf 19 Prozent). 2020 galt wegen der Coronapandemie zur Entlastung der Bürger vorübergehend wieder der alte Satz von 16 Prozent.
Da sich die Mehrwertsteuer prozentual vom Warenpreis plus CO₂-Abgabe und Energiesteuer berechnet, nimmt der Staat mit höheren Spritpreisen mehr Geld pro Liter Kraftstoff ein. In dem Fall der Mehrwertsteuer profitiert der Staat sozusagen von steigenden Benzinpreisen.
Die aktuelle Mehrwertsteuer mit einem Satz von 19 Prozent macht rund 16 Prozent vom gesamten Benzinpreis aus. Das kann etwas verwirrend sein, weil 16 Prozent dem alten Mehrwertsteuersatz entspricht.
Falls Dich die Mathematik dahinter interessiert: Der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent wird vom Nettopreis ausgehend aufgeschlagen (zum Beispiel 1,68 € Nettopreis plus 19% = 2,00 € Spritpreis an der Tankstelle). Will man nun den Anteil der Mehrwertsteuer am Gesamtpreis berechnen, geht man vom Bruttopreis aus – und kommt auf nur 16 Prozent (0,32 € Mehrwertsteuer von 2,00 Euro sind 16%).
Fazit: Die Mehrwertsteuer ist nicht direkt die Ursache für die hohen Benzinpreise. Sie verstärkt aber jede Preiserhöhung an der Tankstelle.
4. Einkaufspreis für Rohöl: Zwischenzeitlich auf Rekordhöhe
Neben zahlreichen anderen Komponenten ist Rohöl ein wichtiger Bestandteil für die Produktion von Benzin und Diesel. Den Preis, den die Mineralölkonzerne für das Rohöl zahlen, rechnen sie in den Spritpreis ein. Steigende Rohölpreise führen somit (nach kurzer Verzögerung) zu steigenden Benzinpreisen. Umgekehrt machen sich sinkende Rohölpreise (mit einiger Verzögerung) durch niedrigere Spritpreise an der Tankstelle bemerkbar.
Wenige Tage nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 ist der Rohölpreis von rund 99 US-Dollar auf gut 129 US-Dollar hochgeschossen (für ein Fass Nordseeöl Brent Crude). Daraufhin explodierten auch die Spritpreise hierzulande. Aber: Bereits Mitte März 2022 war der Rohölpreis zeitweise wieder auf Vorkriegsniveau abgesunken. Die Benzinpreise an den Tankstellen blieben hingegen noch viel länger oben. Das legt den Verdacht nahe, dass die Mineralölkonzerne den Krieg gegen die Ukraine als Vorwand nutzten, um die Spritpreise hochzuhalten – und kräftig Gewinn machten.
Seitdem pendelt der Rohölpreis relativ stark auf einem insgesamt leicht erhöhten Niveau. Seit Anfang September 2022 lag er allerdings konstant unter 100 US-Dollar und damit nicht mehr über dem Niveau von vor dem russischen Krieg in der Ukraine.
Fazit: Der Rohölpreis hatte zwischenzeitlich Rekordhöhen erreicht und ist damit zu einem beträchtlichen Teil für die hohen Benzinpreise verantwortlich. Allerdings erklärt der Einkaufspreis für Rohöl die Mondpreise an den Tankstellen im Jahr 2022 nicht vollständig. Womit wir bei einem weiteren Preisbestandteil angekommen sind.
5. Deckungsbeitrag: Mineralölkonzerne mehren Profit
Der Preisbestandteil Deckungsbeitrag enthält bestimmte Kosten der Mineralölkonzerne sowie deren Gewinne. Die Kosten dürften durchaus gestiegen sein, etwa durch höhere Strom- und Gaspreise und durch die Bemühungen der Konzerne, woanders als in Russland Öl aufzutreiben.
Doch die Mineralölkonzerne haben offenbar auch die Gelegenheit genutzt, die eigenen Gewinne zu erhöhen. „Gemessen am Rohölkurs ist Tanken zu teuer“, hieß es bereits im April 2022 vom ADAC. An der grundsätzlichen Einschätzung hat sich bis heute nicht viel geändert.
Eine Analyse der Umweltschutzorganisation Greenpeace von Anfang April besagt: Die Ölkonzerne haben seit Kriegsbeginn drei Milliarden Euro zusätzlichen Profit aus den hohen Spritpreisen für sich herausgeschlagen. Das Bundeskartellamt hat eine Untersuchung eingeleitet.
Fazit: Tanken müsste nicht so teuer sein, wie es 2022 war und 2023 ist. Die Mineralölkonzerne nutzten offenbar den Krieg gegen die Ukraine, um den eigenen Profit zu erhöhen.
📉 Benzinpreis-Prognose: Wann sinken die Benzinpreise? 📉
Die Benzinpreise folgen wie gezeigt mit Verzögerung ungefähr der Entwicklung der Rohölpreise – plus einem Gewinnaufschlag für die Mineralölkonzerne. Seit dem Hoch am 8. März 2022 mit über 129 US-Dollar pro Barrel war der Ölpreis zunächst von einem starken Auf und Ab geprägt: Er schwankt stärker als vor dem russischen Krieg.
Anfang Juli sahen wir beim Rohöl mit 104 bis 111 US-Dollar bereits eine gewisse Entspannung. Und seit Anfang September 2022 hat der Rohölpreis über mehrere Wochen wieder das Niveau vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine erreicht: klar unter 100 US-Dollar pro Fass der Nordsee-Sorte Brent.
Wenn man den Rohölpreis zugrunde legt, müssten die Benzinpreise an den Zapfsäulen mindestens gleich bleiben oder sinken – falls die Mineralölkonzerne nicht erneut die Gunst der Stunde nutzen und die eigenen Gewinne steigern.
Günstige Benzinpreise in der Nähe finden
Beim Kraftstoff kannst Du sparen, wenn Du zur richtigen Zeit am richtigen Ort tankst: Falls möglich am Abend ab zirka 18 Uhr und bei kleineren Tankstellen-Marken statt den großen Konzernen.
Die günstigste Tankstelle in Deinem Umkreis findest Du mit Tank-Apps wie „Mehr tanken“, „Clever tanken“ oder „ADAC Spritpreise“. Weitere Tipps im Ratgeber günstig Tanken.
Fährst Du einen Benziner, lohnt es sich außerdem meist, die Sorte Super E10 statt des klassischen Super (E5) zu tanken.
Author: Samantha Ayers
Last Updated: 1704333003
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